Anlässlich der Präsentation des Jahresberichts der Europäischen Kommission zur Beschäftigung und sozialen Entwicklung in Europa (Employment and Social Developments in Europe 2014) fand am 29. Jänner 2015 eine ExpertInnenkonferenz im Thon Hotel in Brüssel statt.
Der Bericht besteht aus fünf Kapiteln. Zu jedem wurde eine mit VertreterInnen der Europäischen Kommission, anderer internationaler Organisationen (OECD, Weltbank), Universitäten und zivilgesellschaftlicher Organisationen besetzte Podiumsdiskussion abgehalten, mit anschließender Möglichkeit für das Publikum, Fragen zu stellen.
Nach einer kurzen Eröffnungsansprache von Georg Fischer, Direktor im Direktorat A (Analyse, Evaluierung, Außenbeziehungen) in der DG EMPL (Beschäftigung, Soziales und Integration) der Europäischen Kommission, leitete Isabelle Maquet-Engsted (ebenfalls DG EMPL) die erste Podiumsdiskussion zum Thema „Job creation, productivity and more equality for sustained growth“ ein. Sie wies zunächst auf die Hindernisse am Weg zu höherer Beschäftigung in der EU hin, wie vor allem die schwache Nachfrage, aber auch das abnehmende Vertrauen in die Institutionen, das insbesondere unter den Arbeitslosen festzustellen ist. Ronald Janssen von der European Trade Union Confederation nannte in der Folge als oberste Priorität, die Deflation einzudämmen. Heather Roy von der Social Platform (einer Plattform für soziale NGOs in Europa) wiederum stellte die Frage, ob das Bruttosozialprodukt bzw. dessen Wachstum wirklich die Qualität einer Gesellschaft messen könne, oder ob in Zukunft nicht andere Indikatoren gefunden werden sollten. Abschließend betonte Mamta Murthi von der Weltbank die Bedeutung der Ausbildungsqualität für die Entwicklung des Arbeitsmarktes.
Zu Beginn der zweiten Podiumsdiskussion zum Thema „The legacy of the crisis: resilience and challenges“ wiesen Virginia Maestri und Filip Tanay (beide DG EMPL) darauf hin, dass die europäischen Wohlfahrtssysteme nicht auf eine lang anhaltende Wirtschaftskrise ausgelegt seien, wie sie die EU seit 2008 erlebe und die Sozialausgaben erhöht werden müssten. Bruno Palier vom französischen Zentrum für Wissenschaftsforschung stellte eine hohe Divergenz zwischen den Mitgliedstaaten im Zentrum der EU und jenen an der Peripherie fest.
Das dritte Kapitel „Investing in human capital and responding to long-term societal challenges“ stellten Monika Velikonja, Paolo Pasimeni und Jörg Peschner (alle DG EMPL) vor. Wettbewerbsfähige Mitgliedstaaten hätten auf allen Ebenen besser ausgebildete Arbeitskräfte und Investitionen in die frühen Stadien der Bildung (Kindergarten, Volksschule) wären ein erster wichtiger Schritt. Außerdem müssten die Lohnnebenkosten speziell für junge Arbeitnehmer gesenkt werden um die Nachfrage nach diesen Personen zu steigern und so dem Problem der hohen Arbeitslosigkeit in dieser Personengruppe entgegenzuwirken.
In der vierten Diskussionsrunde wurde das Kapitel „The future of work in Europe: job quality and work organisation for a smart, sustainable and inclusive growth” vorgestellt. Eric Meyermans (DG EMPL) und Agnes Parent-Thirion (Eurofound) stellten fest, dass die Arbeitsplatzqualität die Teilnahme am Arbeitsmarkt und die Produktivität der Arbeitskräfte stark beeinflusst.
Im Panel V betreffend das Thema „Restoring Convergence between Member States in the EU and EMU“ wies Ferdinand Fichtner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung darauf hin, dass die Annäherung der EU-Mitgliedsländer während der Wirtschaftskrise zu einem Stillstand gekommen sei. Vor allem die Unterschiede bei den durchschnittlichen Stundenlöhnen seien laut Zsolt Darvas vom Europäischen Think Tank Bruegel enorm, sie würden von EUR 36,-/h in Belgien bis zu einem Stundenlohn von nur EUR 3,- in Bulgarien rangieren.