Am 19. November 2015 fand zum dritten Mal der „VKÖ-Stadtwerketag“ im Bildungszentrum der Wiener Stadtwerke Holding AG statt. Auf Einladung des Verbandes kommunaler Unternehmen Österreichs (VKÖ) trafen sich VertreterInnen aus kommunalen Unternehmen, Politik und Wirtschaft. Die Vorstandsdirektorin der Wiener Stadtwerke Holding und VKÖ-Präsidentin Gabriele Domschitz, Projektleiter der enerea der EWE AG, Ulf Brommelmeier, Vorstandsassistent der E-Control Austria, Philipp Irschik, Geschäftsführer von Cisco, Achim Kaspar, Experte der Wiener Linien, Christian Wagner, Leiterin der Gruppe Prozessmanagement und Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT-)Strategie der Stadt Wien, Ulrike Huemer, Leiter der Stabstelle Infrastruktur bei den Wiener Linien, Markus Ossberger und Geschäftsführer der IT-Kommunal GmbH, Ronald Sallmann diskutierten über die Rolle der Digitalisierung und Energieeffizienz für österreichische Stadtwerke und deren kommunalen Unternehmen.
Die Themen erstreckten sich dabei von der Digitalisierung als Inkubator der Energiewende bis hin zu neuen Geschäftsmodellen für Stadtwerke und Kommunen. Einen weiteren Schwerpunkt legte der Stadtwerketag auf die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes im Bereich des Verkehrs.
Digitalisierung als Inkubator für die Energiewende
Die deutsche Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, den Anteil der Erneuerbaren bei der Stromversorgung auf 80 Prozent bis 2050 zu steigern. Deswegen ist klar, dass für Stadtwerke die Zeit gekommen ist, klassische Geschäftsmodelle innerhalb des (dezentralen) Energiesystems radikal umzudenken. Daher arbeitet die EWE AG mit Hilfe ihrer Tochter enera an der Realisierung des nächsten großen Schrittes der Energiewende – nämlich dem Aufbau eines Partnernetzwerk aus neuen und klassischen Akteuren der Energiewirtschaft, um innovative Technogien und Dienstleistungen weiterzuentwickeln. Aus dem technischen und digitalen Verbund aus Netz, Markt und insbesondere Daten, entsteht somit ein Inkubator für die Energiewende. Mit dabei sind auch die BürgerInnen aus der Modellregion, die das enera-Projekt aktiv mitgestalten, um zielgruppenorientierte Energielösungen anzuregen. Auf ihrem Weg, alte Muster aufzubrechen und Innovationen voranzutreiben, sucht enera auch die Mitarbeit von Start-up Unternehmen, die ihre Ideen innerhalb des Modellprojekts skalieren können.
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Netz- und Informationssicherheit in der EU und Österreich
Betreiber kritischer Infrastrukturen entwickeln sich vermehrt zum Ziel von Cyber-Attacken. Aus diesem Grund ist es für die Energiewirtschaft wichtig, einen adäquaten Informationsaustausch zwischen Betreiber kritischer Infrastrukturen, Behörden und der Gesellschaft zu schaffen, um (möglichen) Attacken rasch entgegenzuwirken. Der österreichische Energieregulator (E-Control) arbeitet im Rahmen eines Public-Private-Partnerships Projekts intensiv mit den AkteurInnen der E-Wirtschaft an einer ganzheitlichen Cyber Security Strategie. Als Grundlage des Projekts wurden international anerkannte Risikomanagement-Standards herangezogen und sieben Ziele formuliert. Ziel ist es insbesondere auch die öffentliche Diskussionen zu versachlichen, das Sicherheitsbewusstsein zu steigern, einen branchenübergreifenden Informationsaustausch und die Interoperabilität zu fördern, eine umfassende Risikoanalyse zu erstellen, Mindestsicherheitsstandards zu entwickelt und eine freiwillige Selbstverpflichtung zu erreichen. Zudem soll im Rahmen des Projektes eine Involvierung von Betreibern kritischer Infrastrukturen bei der Umsetzung der europäischen NIS-RL auf nationaler Ebene besonders forciert werden.
Digitalisierung als Basis für Innovation im öffentlichen Raum
Unternehmen, die nicht schnell und gut genug digitale Geschäftsmodelle weiterentwickeln, werden rasch durch bessere Modelle Dritter abgelöst. Das geht aus den Erfahrungen mit Internetdienstleistern wie Airbnb oder Uber deutlich hervor. Dabei kennzeichnet sich die nächste Welle des Internets durch Verbindungen zu Menschen, Dingen, Prozessen und Daten. Diese Entwicklung wird auch als „Internet of Everything“ (IOE) bezeichnet. Um ganze Städte, Länder und Wirtschaftssysteme in das IOE einzubinden, muss jede Institution komplett digitalisiert und mit Menschen, Prozessen, Daten und Dingen verbunden werden. So können wichtige Erkenntnisse über MitarbeiterInnen, KundInnen und BürgerInnen für neue Produkte und Dienstleistungen gewonnen werden. Bis 2020 werden ca. 75 Prozent der Unternehmen über ein digitales Geschäftsmodell verfügen oder sich darauf vorbereiten. Dafür ist es wichtig, IT-Modelle, Fähigkeiten und Kernprozesse zu überdenken, um für das digitale Zeitalter gewappnet zu sein. In diesem Sinne sind Investitionen in neues IT-Know-How besonders gefragt.
Vernetzung und Digitalisierung von Mobilitätsangeboten
Die Wiener Linien haben es sich zum Ziel gemacht Mobilitätsdienstleistungen im Bereich des öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV) zu bündeln. Dabei werden Angebote und Dienstleistungen in einem Gesamtsystem betrachtet. Diese sogenannten multimodalen Services charakterisieren sich durch eine intelligente Verknüpfung von unterschiedlichen Funktionen, die den Zugang zu variierenden Verkehrsmitteln ermöglichen. Dafür werden die Bereiche der Information, Buchung beziehungsweise Reservierung und Bezahlung als unterstützende Eckpfeiler herangezogen. Zudem werden Treiber analysiert, die einen Einfluss auf das multimodale Mobilitätsverhalten haben. Da Digitalisierung einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Menschen hat und Kommunikations- als auch Verkaufsprozesse prägt, sind auch hier die einzelnen Initiativen und Strategien der Wiener Linien gefragt. Bezugnehmend darauf ist eine Vernetzung sowohl im technischen als auch im organisatorischen Bereich unausweichlich. Letztendlich haben sich auch die Erwartungshaltungen der KundInnen zu digitalen Dienstleistungen erhöht. Demgegenüber besteht ein zunehmender Erfüllungsdruck für Unternehmen, die im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sind.
Potentiale und Herausforderungen der Digitalisierung für Kommunen
Megatrends wie Cloud-Technologien, BürgerInnen-Portale oder Open Government lösten in Wien eine digitale Revolution aus. Die Stadt Wien geht mit ihrer Initiative der Digitalen Agenda auf die damit verbundenen Herausforderungen ein. Dabei werden Ideen gesammelt, die in weiterer Folge in die Digitale Agenda aufgenommen werden und anschließend diskutiert werden. Gestützt auf Arbeitsgruppen, Konsolidierungen und Open Government konnte die Digitale Agenda am 16. Juni 2015 veröffentlicht werden. Im Rahmen der Agenda wurden Prinzipien identifiziert, die zeigen, dass beispielsweise Vertrauen, Sicherheit und BürgerInnen-Orientierung besonders wichtig sind für die WienerInnen. In diesem Sinne, enthält die Agenda zahlreiche Leuchturmprojekte, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der BürgerInnen Wiens eingehen. Die nächsten Schritte sehen eine Transformation von der Digitalen Agenda zu einer IT-Strategie vor. Dahingehend muss das strategische Umfeld überdacht werden und der aktive Dialog zu den Wiener BürgerInnen weiterhin gepflegt werden.
Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes im öffentlichen Verkehr
Das Bundesenergieeffizienz zielt unter anderem darauf ab, Endenergieeinsparungen im Verkehr anzukurbeln. Um Energieeffizienzmaßnahmen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Zukunft einfach und unkompliziert anrechenbar zu machen, führen die Wiener Linien derzeit eine Analyse einiger Faktoren durch, die Verlagerungseffekte weg vom motorisierten Individualverkehr und hin zum ÖPNV auslösen. Konkret geht es um die Verlagerungseffekte (modal shift) die der Netzausbau und die Steigerung der Taktfrequenz im ÖPNV sowie Tarifänderungen erzielen können. Hintergedanke ist, dass jeder Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf den effizienten öffentlichen Verkehr Endenergieeinsparungen bewirkt. Diese Einsparungen sollen nach dem Energieeffizienzgesetz als Energieeffizienzmaßnehme dokumentierbar, übertragbar und anrechenbar gemacht werden. Eine zu diesem Zweck in Auftrag gegebene Studie entwickelte dazu die sogenannte „Weltformel“, die Energieeffizienzsteigerungen quantifiziert. Ziel ist es, dass diese Formel zur Berechnung von Energieeffizienzsteigerungen im Methodendokument der Richtlinien-Verordnung Eingang findet, damit in Zukunft alle öffentlichen Verkehrsbetriebe in Österreich einfach und unbürokratisch Energieeffizienzsteigerungen geltend machen können.
Lizensierungsproblem in Kommunen und ihren Unternehmen
Große Software-Hersteller erzielen bereits bis zu 30 Prozent ihres Umsatzes aus Audits. Dabei stellt sich heraus, dass etwa 28 Prozent der Software-Produkte ihrer KundInnen nicht korrekt lizensiert sind. Diese Tatsache kann ein sehr hohes finanzielles Risiko darstellen. Daher initiierten der Österreichische Städtebund und die IT-Kommunal eine Initiative, die insbesondere Kommunen und deren kommunalen Unternehmen bei derartigen Situationen als Unterstützung dienen soll. Dahingehend wurde zum Beispiel ein Mitglieder-Service angeboten, das unter anderem ein Software Lizenzmanagement beinhaltet. Desweiteren erhalten Mitglieder Schutz und Rechtssicherheit vor und bei Lizenzprüfungen durch Microsoft.
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Fotos: Wiener Stadtwerke Holding AG/Martin Lusser